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Accept And The Orchestra Of Death – Konzertbericht, 21.04.2019, Haus Auensee, Leipzig

Haus Auensee Leipzig - ©Mario Keim

Um das Wichtigste gleich vorweg zu nehmen: Die Liveumsetzung ihres Ende 2018 veröffentlichten Werkes Symphonic Terror – Live At Wacken 2017 für eine Hallentour ist Accept vorzüglich gelungen. Damit sind die Männer um Mastermind und Bandurgestein Wolf Hoffmann derzeit in ganz Europa unterwegs und lassen den ersten deutschen Stationen in Wuppertal, Leipzig, Hamburg und Fürth Auftritte u.a. in der Ukraine, Russland, Tschechien, Bulgarien und Norwegen folgen. Die Reaktionen dürften überall entsprechend positiv sein.

Beim Gastspiel am sonnigen Ostersonntag in Leipzig passten die Rahmenbedingungen, um ein Klassik-Event, unterstützt von einer Metalband, genießen zu können. Zunächst galt es für die Besucher in der gut gefüllten Location auf Stühlen Platz zu nehmen. Auf die Sekunde genau um 20 Uhr enterten Accept und das 18-köpfige Orchestra Of Death die Bühne. Der erste Block mit fünf Titeln war Stücken von Hoffmanns CD-Projekt "Headbangers Symphony" vorbehalten. Hier erklangen fünf der sechs Titel, die auch auf "Symphonic Terror – Live At Wacken 2017″enthalten waren. Dort allerdings bildeten sie den Mittelteil, flankiert von Klassikern und aktuelleren Stücken der Band, die diesmal im zweiten Teil zu hören waren.

Ava-Rebekah Rahman war optisch und musikalisch zweifelsfrei das Highlight.

Ava-Rebekah Rahman war optisch und musikalisch zweifelsfrei das Highlight.

Die Ouvertüre des Konzertes hatte es in sich. Die Instrumentalfraktion wurde unterstützt von Ava-Rebekah Rahman, die eigens als Violinistin für die "Symphonic Terror Tour" verpflichtet wurde. Die Musikerin ist laut offiziellen Angaben der Band eine Nachfahrin des bengalischen Königshauses und wuchs in England auf. Zum ersten Mal trat sie im Alter von zehn Jahren mit dem National Orchestra auf, seitdem hat sie unter anderem fürs BBC Symphony Orchestra, fürs London Philharmonic Orchestra sowie fürs Prague Philharmonic gespielt.
Auf der Bühne mit Accept meistert sie souverän ihren Part, als spiele sie mit den Rockern schon ewig zusammen. Ava-Rebekah Rahman war aber nicht die einzige neue Personalie an diesem Abend. Mit Martin Motnik scheinen die Metaller einen Nachfolger für Peter Baltes gefunden zu haben, der im November 2018 nach 42 Jahren Zugehörigkeit seinen Ausstieg bekannt gegeben hatte. Dritter im Bunde, der neu zum Line-Up der Tour gehört, ist Gitarrist Phil Shouse (Gene Simmons, Ace Frehley), der anstelle von Uwe Lulis zu hören war und in puncto Spielfreude und Satzgesang ebenfalls keine Wünsche offen ließ. Allerdings machten Accept um dessen Personalie ein großes Geheimnis. So gab es im Vorfeld keinerlei Informationen. Ebenso ist es ein Geheimnis, wer hinter dem Orchestra Of Death steckt. Sind es Musiker aus dem Czech National Symphony Orchestra unter Leitung von Jan Chalupecký, die bei dem Konzert vor knapp zwei Jahren in Wacken mitwirkten oder konnte die Band neue Symphoniker für den Ausflug ins ungewohnte Genre verpflichten?
Unter seinem Umhang mit Kapuze war der agile Dirigent jedenfalls nicht zu erkennen. Die Totenkostüme der Streicher passten zwar zum Motto des Abends, jedermanns Geschmack traf das spezielle Outfit aber auch nicht. In der Liveumsetzung war das Orchester die etwas abgespeckte Version gegenüber dem Wacken-Klangkörper. Jedoch entwickelten sie bei ihrem Auftritt genügend Druck, um die gewünschte Klassik-Umsetzung wirkungsvoll zu realisieren.

Mastermind und Bandurgestein Wolf Hoffmann

Mastermind und Bandurgestein Wolf Hoffmann

Nach dem ersten Block kam endlich auch Sänger Mark Tornillo auf die Bühne, der sich aufgrund der zahlreichen Instrumentals insgesamt einen selten ruhigen Abend gönne durfte.
Bei "Princess Of The Dawn" gab es kein Halten mehr, jeder der Besucher verzichtete auf seinen Sitzplatz, so dass fortan die weitere Performance erst einmal im Stehen verfolgt wurde. Erst einige Titel später besann sich die Fangemeinde, dass sie doch für einen Sitzplatz bezahlt hatten…
Der gewissermaßen zweite Block des Konzerts enthielt aber nicht nur Accept-Titel in guter Zusammenstellung, sondern auch hier gab es mehrere Instrumentalstücke, die ohne Sänger vorgetragen wurden. Wieder mit einer überzeugenden Ava-Rebekah Rahman, die während der Band-Nummern unauffällig Platz vor den Orchestermusikern gefunden hatte. Sie war optisch und musikalisch zweifelsfrei das Highlight auf der Bühne.

Bleibt unausweichlich die Frage, ob es sich bei dem Konzert vielmehr um eine Wolf-Hoffmann-Solo-Tour mit auserlesenen Gästen handelt. Zu diesem Eindruck konnte man zeitweise schon kommen, vor allem im ersten Teil. Klar lebt der Gitarrist und Co-Sänger seinen Hang zu klassischer Musik aus. Ohne ihn gäbe es die Klassik-Umsetzung nicht. Aber er hat an seiner Seite immer noch ein paar ehrgeizige Teamplayer, die gleichwohl ihrer Spielfreude freien Lauf lassen. Das macht Accept auch anno 2019 aus. Die Zuhörer können dies bestätigen.

Die Band mit Geigerin

Die Band mit Geigerin

Accept And The Orchestra Of Death: Das ist einerseits ein furioser, dramaturgisch gut gewählter Auftakt, der die Klassikmomente in den Fokus holt. Und im Mittelpunkt auf der Bühne steht und spielt eine Geigerin, die die Band eigens für Auftritte mit Orchesterbegleitung engagiert hat. Ein festes Bandmitglied gewissermaßen für ganz besondere Momente und dies mit einer wahrlich besonderen Aura. Accept setzen dem Klassik-Event damit die Krone auf.
Die Band hauchte ihren Stücken schon immer klassische Momente ein, man denke nur an "Metal  Heart" mit Tschaikowskis "Slawischem Marsch" als Intro und Beethovens "Für Elise".

Die Geschichte von Accept mag mit insgesamt vier Bandgründungen bzw. Neugründungen abenteuerlich erscheinen. Doch seit der Verpflichtung von Mark Tornillo als neuem Sänger im Jahr  2009 gilt fraglos Bodenständigkeit als oberstes Prinzip. Ehrliche Musik einer stilprägenden Metal-Legende, die den Spagat zwischen medialem Anspruch und Fan-Geschmack solide meistert.
Das Haus Auensee mit seinem speziellen Charme hauchte dem Konzert eine wirkungsvolle Atmosphäre ein. Ohne Abstriche war in diesem Rahmen auch der Klang an diesem Abend. Danke an Accept für einen unvergesslichen Auftritt.
Markus Wosgien von Nuclear Blast gilt mein persönlicher Dank für die Akkreditierung.


Line-Up Accept "Symphonic Terror Tour 2019":

Mark Tornillo (vocals)
Wolf Hoffmann (guitars)
Phil Shouse (guitars)
Martin Motnik (bass)
Christopher Williams (drums)

Guests:
The Orchestra Of Death
Ava-Rebekah Rahman (violin)
Melo Mafadi (keyboards)

Tracklist "Symphonic Terror Tour 2019":

  1. Night On Bald Mountain
  2. Scherzo
  3. Pathétique
  4. Vivaldi Double Cello Concerto in G Minor
  5. Mozart Symphony No. 40 in G Minor
  6. Princess Of The Dawn
  7. Stalingrad
  8. Dark Side Of My Heart
  9. Breaker
  10. Swan Lake
  11. Shadow Soldier
  12. The Moldau
  13. Arabian Dance
  14. Aragonaise
  15. Metal Heart
  16. No Regrets
  17. Kill The Pain
  18. Fast As A Shark
  19. Shades Of Death
  20. Teutonic Terror
  21. Balls To The Wall

 

Über den Autor

Mario Keim

Musikstile: Heavy Rock, Rock, Deutschrock, Hard Rock
Marios Beiträge im RockTimes-Archiv

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