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Space Debris / Behind The Gate – CD-Review

Space Debris-Behind The Gate-CD-Review

Die Band Space Debris brauchen wir in RockTimes nicht mehr großartig vorzustellen, denn wer uns in den letzten Jahren verfolgt hat, der wurde bereits über solch klasse Teile wie die Alben Three, Elephant Moon, She’s A Temple, das ein oder andere Konzert oder auch mal eine DVD informiert, die qualitätsmäßig immer auf einem ganz hohen Level anzusiedeln waren. Das letzte Lebenszeichen war die im letzten Sommer im Verbund mit Paisley Tree erschienene Split-Single "New Rag", ein Track, der auf dem neuen Album ebenfalls noch einmal in einer über fünf Minuten längeren (!) Version enthalten ist. Aber gleich mal rein in die neuen Stücke…

"Behind The Gate" wurde an zwei Tagen im Muckensturm Studio in Weinheim (Odenwald) aufgenommen und die erste Scheibe glänzt bereits von Beginn an mit sehr melodischem und atmosphärischem Spiel. "Sunlight" hört sich – wie fast alles auf CD 1, wie sich sehr bald herausstellt – anders an, als die vorherigen Alben. Mit Janni Schmidt ist ein neuer Bassist an Bord, der den Songs von Space Debris offensichtlich nochmal eine ganz neue Gesichtsfarbe verleiht. Sehr melodisch, stellenweise enthusiastisch und dennoch tief in sich ruhend zieht der Tieftöner seine Runden und bereichert die Musik der Band damit ungemein. Floydige Anklänge und immer auch einen Hauch von Hendrix-Gitarre kann man in Tommy Gornys Spiel ausmachen, während Christian Jäger mit jedem Jahr einfach immer nur besser zu werden scheint. Der Titelsong ist ganz großes Kino, ruhig und angenehm zu Beginn, sodass sich der Hörer hier einfach nur zurücklehnen und genießen kann. Diese Melodien, das superbe Zusammenspiel und die Klasse der einzelnen Musiker… Wenn dann nach sechseinhalb Minuten auch noch der scheinbar wortlose Gesang (bei dem es sich tatsächlich aber um einen Keyboardsound von Winnie Rimbach-Sator, einen super illusionierten Chorgesang handelt) hinzukommt, ist man gedanklich endgültig in anderen Sphären gelandet bzw. unterwegs. Geht so was überhaupt noch besser?

Funky wird es bei "Ohnword" und auch das hat die Band hervorragend drauf. Darüber hinaus fügt der Titel dem Album mit seinem neuen Ansatz eine noch weitreichendere Variabilität hinzu. Etwa ab zweieinhalb Minuten wird es dann doch heftiger, wenn Gornys Gitarre sprichwörtlich explodiert. Bei jedem einzelnen der Songs läuft ein eigener Film ab, jede Nummer hat ihren eigenen Charakter und ihre eigene Geschichte zu erzählen. Wie auch "Stardreamer", einem relaxt-ruhigen, unbedingt auch vom Jazz beeinflussten Ritt durch die Sterne. Eine Sonderstellung hat schließlich "Sun Of Fun", das mit seinen 2:47 Minuten die mit Abstand kürzeste Nummer des gesamten Albums ist. Ein relativ kurzer Jam, der sich in die übrigen Songs allerdings vollkommen anstandslos einreiht und die Scheibe durch sein Tempo nochmal ein bisschen anziehen lässt. Die Songs der ersten Scheibe wurden übrigens bereits im November 2015 eingespielt.

Auf der zweiten CD, die am 08. November 2016 aufgenommen wurde, hat dann Winnie Rimbach-Sators Keyboard deutlich mehr Raum bzw. steht bei "Music Is God" und dem folgenden, über fünfzehnminütigen, "Blue Alert" (u. a. mit tollen spacigen Enschüben) wieder deutlich mehr im Vordergrund. Aber auch hier gilt: die Songs sind weiträumiger, 'größer', nehmen mit auf einen Trip durch den Weltraum oder wohin auch immer einen die Gedanken gerade tragen. Untrüglich glänzt im Hintergrund nach wie vor Schmidts extrem harmonisches Bassspiel, Christian Jäger setzt bei "Blue Alert" jede Menge perkussive Feinheiten und Gornys Gitarre ist immer genau dann da sowie voll auf der Höhe, wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist. Wenn man unbedingt Vergleiche braucht, dann tauchen auch hier immer wieder mal kleine Parallelen zu Pink Floyd oder den Jane der siebziger Jahre auf. Großartig! Das Herzstück des zweiten Silberlings ist ganz sicher die Nummer "Summernightdrive", die sich über drei Parts und sagenhafte 26 Minuten (plus…) erstreckt.

Hier hört man die Band dann eher, wie man sie aus den letzten Jahren in Erinnerung hat. Bärenstark, mit allseits präsenten Keyboard-Gitarren-Duellen sowie dem klasse Drumming des Schlagzeugers. Improvisation ist König und dass die süddeutsche Formation auf diesem Terrain eine ganz große Nummer ist, dürfte nicht erst seit gestern bekannt sein. Immer wieder fesselnd, wie sich die einzelnen Musiker in ihre Parts steigern, darin aufgehen und dennoch die Summe der Einzelteile zu einem einzigartigen großen Ganzen werden lassen. Leider schon den Abschluss macht dann "Planet Paradise", ein etwa fünfeinhalbminütiges, sehr flottes und straight nach vorne gespieltes 'Goodbye'. Wobei nach etwa einer Minute erneut spacige Einflüsse hinzukommen und das Projekt "Behind The Gate" so leichtfüßig wie flüssig nach Hause bringt. Klasse auch der Keyboard-Sound, die tolle Gitarren- und natürlich auch Rhythmusarbeit. Die Band legt hier noch einmal alles rein was sie hat und das Stück macht einfach unbändige Lust, sich die gesamte Scheibe gerade nochmal von vorne anzuhören!

Mit Fug und Recht kann man abschließend behaupten, dass "Behind The Gate" erneut ein Riesenschritt nach vorne für Space Debris ist. Nicht, dass die letzten Alben Phonomorphosis oder At Finkenbach 2012 dagegen qualitativ abfallen, mitnichten, aber hier wurde ein ganz neuer Sound kreiert, der die Musik noch offener, noch breitflächiger erscheinen lässt. Dazu kommt die ungeheure Melodiosität dieser elf neuen Stücke (plus der Single), die sehr clever eingewobenen jazzigen Ansätze sowie ein sehr starker, sehr transparenter Sound, der es erlaubt, jedem einzelnen der Instrumente im Alleingang zu folgen, sich von ihm tragen und auf die Reise mitnehmen zu lassen.

Ab Ende Februar 2017 wird dieses Album dann auch auf Doppel-Vinyl erhältlich sein. Also am besten dem (Platten-) Dealer eures Vertrauens vorab schon mal einen Wink mit dem Zaunpfahl geben.

Prädikat: Äußerst wertvoll und dazu ein dicker Tipp!


Line-up Space Debris:

Tommy Gorny (guitars)
Winnie Rimbach-Sator (keyboards)
Janni Schmidt (bass)
Christian Jäger (Ludwig drums)

Tracklist "Behind The Gate":

CD 1:

  1. Sunlight
  2. Behind The Gate
  3. Ohnword
  4. Stardreamer
  5. Sun Of Fun
  6. New Rag (ext. r2d2 version)

CD 2:

  1. Music Is God
  2. Blue Alert
  3. Summernightdrive Part 1
  4. Summernightdrive Part 1 ext.
  5. Summernightdrive Part 2
  6. Planet Paradise

Gesamtspielzeit: 51:54 (CD 1), 53:42 (CD 2), Erscheinungsjahr 2017

Über den Autor

Markus Kerren

Hauptgenres: Roots Rock, Classic Rock, Country Rock, Americana, Heavy Rock, Singer/Songwriter
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Mail: markus(at)rocktimes.de

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