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Jimi Barbiani Band / Boogie Down The Road Live – CD-Review

Als die Anfrage der italienischen Jimi Barbiani Band in unserer Redaktion eintraf, ob wir ihr neues Album "Boogie Down The Road Live" besprechen würden, fühlte ich mich zunächst überhaupt nicht angesprochen. Der Name sagte mir absolut nichts. Doch dann erregte der Titel des Silberlings meine Aufmerksamkeit. Das klang verdächtig  nach Blues Rock in irgendeiner Form. Also genau mein Ding.

Noch erstaunter war ich, als ich feststellte, dass sich in unserem Archiv tatsächlich ein Gastbeitrag tummelt, der die Jimi Barbiani Band im Jahr 2011 im niederländischen Geleen live on stage beschrieb, wobei der Verfasser von dem Auftritt ziemlich beeindruckt war. Da schien eine ziemlich heiße Band  am Werk zu sein.

Der Gitarrist und Namensgeber der Band ist schon relativ lange im Musikbusiness unterwegs. Von 2000 bis 2005 war er als Songwriter und Gitarrist Mitglied der Jamrock-Band W.I.N.D., bevor er ab 2009 unter eigenem Namen mit der Jimi Barbiani Band weitermachte. In der Zeit dazwischen wirkte er bei unzähligen anderen Künstlern mit und jammte mit ihnen auf den wichtigsten Festivals Italiens.

Nach "Back On The Tracks" (2010) und "Blue Slide" (2014) ist "Boogie On The Road Live" das dritte Album der Gruppe, die in der Regel in Trio-Besetzung unterwegs ist, sich aber ab und zu durch Keyboards verstärkt. Jimi Barbiani und Bassist/Sänger Daniele Vicario sind von Anfang an dabei, während Schlagzeuger Gianluca Zavan seit 2011 hinter der Schießbude sitzt.

Bei dem neuen Longplayer, der am 21. Janur 2017 im Castle Of Udine mitgeschnitten wurde, wirken außerdem Pietro Taucher und Nicholas Zampa an den schwarzen und weißen Tasten mit.

Die zehn Songs des Mitschnitts setzen sich aus vier Eigenkompositionen und sechs Coverversionen zusammen, die die ganze Vielseitigkeit der Jimi Barbiani Band aufzeigen. Schon der Opener, John Lee Hookers "Boogie Chillen" ist nichts für Toupetträger. Kurze Bandansage und die Band steigt ohne Vorwarnung voll ein. Dieser Boogie lässt mit seiner Kraft und Dynamik jedes Blatt einzeln vom Baum fallen. Und Jimi legt sich in zwei Soloeinlagen, zuerst ohne und dann mit Bottleneck, voll ins Zeug. Was für ein Einstieg! Wer jetzt im Publikum noch nicht wach war, war selber Schuld.

Mit "Looking For The Truth" ist Slow Blues angesagt. Da ist volles Feeling Programm, und die Orgel unterlegt den rauen Gesang perfekt, wird dann im ruhigeren Mittelteil zum Soloinstrument, bevor der Sechssaiter den Höhepunkt einläutet und ein tolles Zwiegespräch von Tasten und Saiten zu hören ist. Toller Song!

"Sad Soul" ist die nächste Variante der Jimi Barbiani Band. Instrumental, singend feingliedrige Gitarre, die an Snowy White und Peter Green erinnert und auch genau so klar und virtuos gespielt wird. Doch dann ist es genug mit der Ruhe, denn jetzt gibt es Z.Z. Tops "La Grange" auf die Ohren. Billy Gibbons würde diese Gitarrenarbeit lieben, ganz zu schweigen von der Rhythmus-Sektion, die alles in Grund und Boden stampft.

Doch kaum ist dieser Knaller durch, wird es wieder instrumental und ruhig. Was für Gefühlsschwankungen und nichts für Herzkranke. Kaum hat man sich an seine Liebste gekuschelt, da reißt einen "Hey Joe" wieder aus allen Träumen, doch diesmal gibt es, im Gegensatz zum Original, ein zusätzliches Orgelsolo, bevor Jimi Barbiani gekonnt auf den Spuren der Legende aus Seattle wandert. Der Mann hat es echt drauf!

Slide Blues ist bei "Ten O’Clock Train" angesagt. Jimi entfacht ein höllisches Soundgewitter bei diesem Instrumental, das nach und nach an Tempo zulegt, bevor es in einen leiseren Part übergeht, das Tempo aber weiter hochgehalten wird.

Irgendwie zu erwarten war, nach der bisherigen Songauswahl, der Don Nix-Klassiker "Going Down", einer der wohl am meisten gecoverten Songs der Rockgeschichte. Doch auch hier fällt die großartige Qualität des Gitarrenspiels auf. Die Töne kommen glasklar und sauber rüber.

Als vorletzter Titel wird "Look On Yonder Wall" aus der Feder von Elmore James in einer Boogieversion mit tollem Pianosolo angestimmt, das von der Slide perfekt übernommen wird. Hier ist stillsitzen, selbst in den heimischen vier Wänden, einfach nicht möglich.

Den Abschluss dieses Mitschnitts bildet der "Boogie Man". Der Name sagt schon alles aus. Boogie pur mit einem klasse Orgeleinsatz, vom Tempo her etwas zurückgenommen aber trotzdem unglaublich dynamisch. Und neben dem obligatorischen Mitsingrefrain lässt Jimi auch noch mal den Flaschenhals glühen.

"Boogie Down The Road Live" ist ein richtig geiles Album geworden und erweckt bei jedem Hörer sofort den Wunsch, die Jimi Barbiani Band mal live auf der Bühne zu sehen. Und bis sich das ergibt, haben wir noch diesen großartigen Konzertmitschnitt.


Line-up Jimi Barbiani Band:

Jimi Barbiani (guitar, vocals – #1,2,6,8,10)
Daniele Vicario (bass, vocals – #4,9)
Gianluca Zavan (drums)

additional musicians
Pietro Taucher (keyboards – #2,5,6,7,9)
Nicholas Zampa (keyboards – #10)

Tracklist "Boogie Down The Road Live"

  1. Boogie Chillen
  2. Looking For The truth
  3. Sad Soul
  4. La Grange
  5. Cause We’ve Ended As Lovers
  6. Hey Joe
  7. Ten O’Clock Train
  8. Going Down
  9. Look On Yonder wall
  10. Boogie Man

Spielzeit: 64:11,  Erscheinungsjahr: 2018

 

Über den Autor

Jürgen Bauerochse

Hauptsächlich zu besprechende Musikstile: Blues, Blues Rock, Southern Rock, Classic Rock
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Mail: juergen(at)rocktimes.de

2 Kommentare

  1. RockTimes Jürgen

    Hey Michael,
    so etwas nennt man wohl Glücksgriff. Wenn ich da nicht zugeschlagen hätte, wäre mir echt was durch die Lappen gegangen. Die Scheibe ist echt ein Knaller. Für mich mal wieder eine Band, auf die ich mein besonderes Augenmerk richten werde.
    Leider scheinen die Herren aber nicht all zu oft in Deutschland zu touren, aber das kommt vielleicht noch und sie kommen mir dann auch mal vor die Flinte.
    Ich wünsche Dir jedenfalls viel Spaß bei dem Gig in Roermond.
    Halt die Ohren steif!
    LG
    Jürgen

  2. Michael Breuer

    Hi Jürgen,
    Danke, dass Du Dich dieser geilen Platte angenommen hast. Jimi Barbiani ist in der Tat einer der am meisten unterschätzten Gitarren-Männer auf dem Kontinent. Schon die Zeit mit W.I.N.D. war großartig, ein bisschen Gov’t Mule-Feeling und mit tollen Songs. Und, ja, der zitierte Auftritt im Gastbeitrag war ein echter Hammer, ich war damals auch dabei. Die Band hat den Laden gerockt, ganz gleich, ob mit eigenen Nummern oder einigen coolen Cover-Versionen. Eben so wie auf der CD. Ich freu mich auf das Wiedersehen im Februar, dann spielt die Band hier um die Ecke in der Nähe von Roermond, da geht sicher wieder die Post ab.
    Viele Grüße vom Ex-Kollegen,
    Michael

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